Bei Schriftstellern würde man von einer Schreibblockade sprechen, ich hatte nur keine Lust und abends war auch immer nicht die rechte Gelegenheit. Heute Nachmittag, glücklicherweise erst nach dem Whale-Watching-Ausflug, hat es etwas eingetrübt und es tröpfelt, deshalb ergreife ich jetzt die Gelegenheit, die vergangene Woche nachzuholen.
Aber der Reihe nach: Am Ruhetag auf dem Four Mile Creek Campground an der Mündung des Niagara River in den Ontariosee auf USA Seite haben wir noch einen schönen Fahrradausflug zur alten Fortanalage ganz vorne an der Mündungsspitze gemacht. Eine schöne, gepflegte Anlage, sowohl am See als auch am Fluss gelegen. Es war traumhaft schön, als wir da an einer Bootanlegestelle am Ufer des Niagara gesessen haben und die Füße ins Wasser hängen ließen. Vor uns der Fluss, ein paar Segelboote, die dem See zustrebten, am gegenüberliegenden Ufer der Ort Niagara on the Lake auf kanadischer Seite. Das alles bei herrlichem Sonnenschein – eine sehr friedliche Idylle.


Am nächsten Tag war das grobe Ziel die Gegend der Finger Lakes, eine Reihe langgestreckter Seen in Nord-Südlicher Richtung. Wir sind nicht über die Interstate 90 im Schnelldurchgang gefahren, sondern sind über den Highway 20 „über die Dörfer“ gefahren, was eine gute Entscheidung war. Die Gegend ist durch Eiszeit geprägt, die Seen sind auch in dieser Zeit entstanden. Zwischen den Seen, also immer quer zu unserer Reiserichtung, erstreckten sich Hügelketten von ca. 100 bis 150 Meter Höhe, die Straße ging immer hoch und runter, erst oben auf der Kuppe konnte man sehen, wie es weiter ging, und zwar nach steil bergauf gleich wieder steil bergab. Geprägt ist die Landschaft durch Getreide-, Mais- und auch viel Obstanbau, an der Straße wurden die Produkte verkauft. Alles in Allem eine sehr liebliche und „europäische“ Landschaft.
Unser Camp für die Nacht haben wir im Sampson State Park aufgeschlagen. Ein ehemaliges militärisches Gelände, im 2. Weltkrieg hat dort die Navy ihren Soldaten die Grundausbildung verpasst, im Koreakrieg in den 50er Jahren wurden dann dort die Air Force Piloten grundausgebildet. Nachdem der Krieg vorbei war, hat man das Camp nicht mehr gebraucht, der Staat New York hat das Gelände übernommen und die Gebäude entfernt (geht hier ja alles leicht, ist eh nur aus Kanthölzern gebaut!) und einen State Park draus gemacht. Die Lage ist sehr schön, direkt am Seneca Lake, dieser schön warm, was ich bei einem Bade feststellen konnte.
Tags drauf ging es weiter Richtung Osten, Ziel die Gegend um Albany, die Hauptstadt des Staates New York. Die Landschaft änderte sich nicht wesentlich, die Hügel wurden etwas flacher, aber sonst alles wie am Tag zuvor. Aus meinem WikiCamps hatte ich einen Übernachtungsplatz an einer Schleuse des Erie-Kanals ausgesucht. Neben der Schleuse ist ein Parkplatz, es führt auch dort ein beliebter Radweg vorbei, es ist also tagsüber immer was los. Abends natürlich nicht mehr, auch der Schiffsverkehr auf dem Erie Kanal ist inzwischen nur noch Freizeitschifffahrt. Als wir ankamen wurde gerade ein Motorboot geschleust, das wars dann für den Tag.

Das Schleusen ist gratis, die Schleuse rund um die Uhr besetzt! Da wäre Einsparpotenzial ohne Ende. Der Erie Kanal wurde im 18. Jahrhundert schon projektiert, 1817 wurde angefangen zu graben, 1825 war er fertig. Er ist über 500 km lang und folgt überwiegend dem Mohawk River. Er verbindet den Hudson River, der von New York City nach Norden führt, bei Albany mit dem Eriesee, in der Nähe von Buffalo. Er macht in seinem Verlauf 2 Auf- und Abstiege und erreicht im Eriesee 170 Meter Höhe.
Der Handel mit dem mittleren Westen (Getreide) nahm damals einen starken Aufschwung und der damalige Wohlstand von New York City beruht mit auf dem Erfolg dieses Kanals. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er umfassend ausgebaut, die Schleusen vergrößert und modernisiert. Jedoch ist er im Winter nicht befahrbar und durch die Eröffnung eines anderen Kanals schwand seine Bedeutung. Heute, wie gesagt, nur noch Freizeitschifffahrt.
So, genug historische Infomation. Die Nacht war prima, am nächsten Morgen nahm der Schleusenverkehr enorm Fahrt auf, bis wir abfuhren noch 3 weitere Boote!
Das nächste Ziel Richtung Ostküste: Old Sturbridge Village. Ein mehrere Hektar großes Freilichtmuseum in dem die Akteure eines Vereins so leben wie um 1830. Zum Glück war Sonntag und das volle Programm geboten: Handwerk, ärztliche Behandlung mit Erläuterungen einer Amputation und vor allem: Schlachtengetümmel: Revolutionäre gegen Engländer! Mit echtem Musketengeknalle, Kanonen und allem Drum und Dran, bestimmt 100 Leute auf dem Schlachtfeld und das um 2 Uhr bei knallender Sonne! Die Armen Soldaten in ihren dicken Uniformen. Denen stand auch ganz schön der Schweiß auf der Stirn! In der Dorfmitte ein großes Feldlager, eine tolle Sache. Nennt sich hier Living Community Museum und gibt es in den Neuengland Staaten mehrfach. Als um 5 Uhr dann die Tore schlossen, verwandelten sich die Soldaten und alle anderen flugs wieder in normale Menschen, die Zelte wurden abgeschlagen und alles in die Autos verstaut. Manch einer verbringt sicher seinen Urlaub dort, mancher nur das Wochenende.







Übernachtung in einem State Park in der Nähe. Außer Toiletten und Duschen keine Hook Ups, also kein Wasser und kein Strom am Stellpatz, und auch keine Dump-Station. Der Preis 17$, das ginge ja noch, aber in Massachusetts kosten die Campingplätze für nicht Residents 10(!) Bucks mehr, also 27! Was rechtfertigt diese Diskriminierung???? Für 27 Steine eindeutig zu teuer, aber was willscht mache?
Am darauffolgenden Tag sollten wir den Atlantik wiedersehen, damit hatten wir den Kontinent 2 mal durchquert! Von Sturbridge ging es wieder, leider diesmal ungewollt über winzige Sträßchen in einem erbarmungswürdigem Zustand Richtung Küste. Erst in Südlicher Richtung nach Newport, Rhode Island, der kleinste Staat der USA, und dann auf die Halbinsel Cape Cod. Newport haben wir erst einmal nur durchquert, die Campingplatzsituation ist dort eher bescheiden, und mit Oigen in die Stadt ist immer problematisch. So sind wir also gleich weiter nach Cape Cod, eine langgestreckte Halbinsel südlich von Boston. Sie sieht aus wie ein abgewinkelter Oberarm mit einer geballten Faust.
Hier landeten seinerzeit 1620 die Pilgerväter das erste Mal und haben versucht Fuß zu fassen, was sie aber nach ein paar Monaten aufgegeben haben. Sie sind dann über die Bay ans Festland nach Plymouth, wo sie dann die erste Siedlung errichten konnten.
In einem RV-Park haben wir uns für 2 Nächte eingemietet. Cape Cod ist DAS Ausflugs- und Urlaubsziel für die Bostoner, die Newporter und alle, die hier noch so wohnen. Das merkt man am Verkehr und an den Preisen!
Am Ankunftstag haben wir die Räder noch einmal ausgepackt und sind 3 km zu einem Lokalgefahren, wo es Lobster Rolls, also Brötchen mit Hummerfleisch und andere leckere Sachen gab. Bring your own Beer, klar, wir hatte 2 Dosen mit in der Satteltasche.
Cape Cod ist bekannt für seine Wahlbeobachtung und so haben wir die Gelegenheit genutzt, uns das zu gönnen. Es ging mit einem Schiff von Provincetown, an der letzten Spitze von CC, wie Cape Cod hier abgekürzt wird, zur Stellwagen Bank, einem Bereich, wo der Meeresboden angehoben ist. Dort ist ein beliebter Tummelplatz für alle möglichen Walarten. Die Fahrt hin dauert ca. 1 Stunde, mit 40 km/h brettert das Schiff durch die See. Und dann, nach ein wenig suchen, die ersten Wale! Humpback Whales, zu Deutsch Buckelwale, wie uns der sehr sachkundige Führer erklärte. Es war eine tolle Erfahrung, diese doch sehr großen Tiere, ca. 40 Tonnen schwer, aus kurzer Distanz zu sehen. Ein Muttertier mit einem Jungen, immer neben einander. Wenn sie die Schwanzflosse heben, dann weiß man, der ist jetzt mal weg, wie die Menschen, wenn sie beim Schnorcheln mal auf Tiefe gegen wollen. Zurück bleibt an der Wasseroberfläche eine Art Hexenkreis mit vollkommen glattem Wasser. Wenn man Glück hat, tauchen sie nach ein paar Minuten wieder auf. Die Schiffe sind schnell und sehr wendig, so dass sie gleich reagieren können, wenn sich irgendwo ein Wal zeigt.




Nach einer oder 1,5 Stunden war der Spaß dann vorbei, es ging wieder zurück. Nach ein paar Minuten, die große Seltenheit: Ein Finnwal, auf der Tafel auf dem Schiff die 2. Größte Walart. Er hat sich nur relativ kurz gezeigt, die volle Größe konnte man nicht so richtig erkennen, aber immerhin! Alles in Allem ein tolles Erlebnis.
Nach der Landung sind wir im Städtchen noch einmal auf und ab gelaufen, ganz viel junges Volk, verrückte Läden, ganz viel Leben auf der Straße, die Autos hatten keine Chance. Man merkt die Nähe zu den Großstädten.

Der Weg zurück zum Campingplatz, ca. 30 km verbrachten wir zum großen Teil im Stau. Da es angefangen hatte zu regnen, wollten natürlich alle zurück! Na ja, in einer Stunde war das auch vorbei.
Morgen soll das Wetter nicht so toll sein, mal sehen, ob wir dann doch noch einmal nach Newport zurückfahren um die Villen der Reichen und evtl. noch das Walfangmuseum anzuschauen. Ihr werdet es erfahren.





























