1. bis 6. August: Durch New York nach Cap Cod

Bei Schriftstellern würde man von einer Schreibblockade sprechen, ich hatte nur keine Lust und abends war auch immer nicht die rechte Gelegenheit. Heute Nachmittag, glücklicherweise erst nach dem Whale-Watching-Ausflug, hat es etwas eingetrübt und es tröpfelt, deshalb ergreife ich jetzt die Gelegenheit, die vergangene Woche nachzuholen.

Aber der Reihe nach: Am Ruhetag auf dem Four Mile Creek Campground an der Mündung des Niagara River in den Ontariosee auf USA Seite haben wir noch einen schönen Fahrradausflug zur alten Fortanalage ganz vorne an der Mündungsspitze gemacht. Eine schöne, gepflegte Anlage, sowohl am See als auch am Fluss gelegen. Es war traumhaft schön, als wir da an einer Bootanlegestelle am Ufer des Niagara gesessen haben und die Füße ins Wasser hängen ließen. Vor uns der Fluss, ein paar Segelboote, die dem See zustrebten, am gegenüberliegenden Ufer der Ort Niagara on the Lake auf kanadischer Seite. Das alles bei herrlichem Sonnenschein – eine sehr friedliche Idylle.

Die Idylle am Niagara River
Zum Sonnenuntergang eine Caipi…prost!

Am nächsten Tag war das grobe Ziel die Gegend der Finger Lakes, eine Reihe langgestreckter Seen in Nord-Südlicher Richtung. Wir sind nicht über die Interstate 90 im Schnelldurchgang gefahren, sondern sind über den Highway 20 „über die Dörfer“ gefahren, was eine gute Entscheidung war. Die Gegend ist durch Eiszeit geprägt, die Seen sind auch in dieser Zeit entstanden. Zwischen den Seen, also immer quer zu unserer Reiserichtung, erstreckten sich Hügelketten von ca. 100 bis 150 Meter Höhe, die Straße ging immer hoch und runter, erst oben auf der Kuppe konnte man sehen, wie es weiter ging, und zwar nach steil bergauf gleich wieder steil bergab. Geprägt ist die Landschaft durch Getreide-, Mais- und auch viel Obstanbau, an der Straße wurden die Produkte verkauft. Alles in Allem eine sehr liebliche und „europäische“ Landschaft.

Unser Camp für die Nacht haben wir im Sampson State Park aufgeschlagen. Ein ehemaliges militärisches Gelände, im 2. Weltkrieg hat dort die Navy ihren Soldaten die Grundausbildung verpasst, im Koreakrieg in den 50er Jahren wurden dann dort die Air Force Piloten grundausgebildet. Nachdem der Krieg vorbei war, hat man das Camp nicht mehr gebraucht, der Staat New York hat das Gelände übernommen und die Gebäude entfernt (geht hier ja alles leicht, ist eh nur aus Kanthölzern gebaut!) und einen State Park draus gemacht. Die Lage ist sehr schön, direkt am Seneca Lake, dieser schön warm, was ich bei einem Bade feststellen konnte.

Tags drauf ging es weiter Richtung Osten, Ziel die Gegend um Albany, die Hauptstadt des Staates New York. Die Landschaft änderte sich nicht wesentlich, die Hügel wurden etwas flacher, aber sonst alles wie am Tag zuvor. Aus meinem WikiCamps hatte ich einen Übernachtungsplatz an einer Schleuse des Erie-Kanals ausgesucht. Neben der Schleuse ist ein Parkplatz, es führt auch dort ein beliebter Radweg vorbei, es ist also tagsüber immer was los. Abends natürlich nicht mehr, auch der Schiffsverkehr auf dem Erie Kanal ist inzwischen nur noch Freizeitschifffahrt. Als wir ankamen wurde gerade ein Motorboot geschleust, das wars dann für den Tag.

Parkplatz an der Schleuse Nr. 8

Das Schleusen ist gratis, die Schleuse rund um die Uhr besetzt! Da wäre Einsparpotenzial ohne Ende. Der Erie Kanal wurde im 18. Jahrhundert schon projektiert, 1817 wurde angefangen zu graben, 1825 war er fertig. Er ist über 500 km lang und folgt überwiegend dem Mohawk River. Er verbindet den Hudson River, der von New York City nach Norden führt, bei Albany mit dem Eriesee, in der Nähe von Buffalo. Er macht in seinem Verlauf 2 Auf- und Abstiege und erreicht im Eriesee 170 Meter Höhe.

Der Handel mit dem mittleren Westen (Getreide) nahm damals einen starken Aufschwung und der damalige Wohlstand von New York City beruht mit auf dem Erfolg dieses Kanals. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er umfassend ausgebaut, die Schleusen vergrößert und modernisiert. Jedoch ist er im Winter nicht befahrbar und durch die Eröffnung eines anderen Kanals schwand seine Bedeutung. Heute, wie gesagt, nur noch Freizeitschifffahrt.

So, genug historische Infomation. Die Nacht war prima, am nächsten Morgen nahm der Schleusenverkehr enorm Fahrt auf, bis wir abfuhren noch 3 weitere Boote!

Das nächste Ziel Richtung Ostküste: Old Sturbridge Village. Ein mehrere Hektar großes Freilichtmuseum in dem die Akteure eines Vereins so leben wie um 1830. Zum Glück war Sonntag und das volle Programm geboten: Handwerk, ärztliche Behandlung mit Erläuterungen einer Amputation und vor allem: Schlachtengetümmel: Revolutionäre gegen Engländer! Mit echtem Musketengeknalle, Kanonen und allem Drum und Dran, bestimmt 100 Leute auf dem Schlachtfeld und das um 2 Uhr bei knallender Sonne! Die Armen Soldaten in ihren dicken Uniformen. Denen stand auch ganz schön der Schweiß auf der Stirn! In der Dorfmitte ein großes Feldlager, eine tolle Sache. Nennt sich hier Living Community Museum und gibt es in den Neuengland Staaten mehrfach. Als um 5 Uhr dann die Tore schlossen, verwandelten sich die Soldaten und alle anderen flugs wieder in normale Menschen, die Zelte wurden abgeschlagen und alles in die Autos verstaut. Manch einer verbringt sicher seinen Urlaub dort, mancher nur das Wochenende.

Die Schlacht ist in vollem Gange
Geordneter Rückzug nach der Schlacht

 

 

Die Engländer haben verloren, wie auch sonst….
Das Feldlager in Sturbridge Village
Der Böttcher bei der Arbeit
Der Militärarzt bei der Armamputation
Schön wars und interessant

Übernachtung in einem State Park in der Nähe. Außer Toiletten und Duschen keine Hook Ups, also kein Wasser und kein Strom am Stellpatz, und auch keine Dump-Station. Der Preis 17$, das ginge ja noch, aber in Massachusetts kosten die Campingplätze für nicht Residents 10(!) Bucks mehr, also 27! Was rechtfertigt diese Diskriminierung???? Für 27 Steine eindeutig zu teuer, aber was willscht mache?

Am darauffolgenden Tag sollten wir den Atlantik wiedersehen, damit hatten wir den Kontinent 2 mal durchquert! Von Sturbridge ging es wieder, leider diesmal ungewollt über winzige Sträßchen in einem erbarmungswürdigem Zustand Richtung Küste. Erst in Südlicher Richtung nach Newport, Rhode Island, der kleinste Staat der USA, und dann auf die Halbinsel Cape Cod. Newport haben wir erst einmal nur durchquert, die Campingplatzsituation ist dort eher bescheiden, und mit Oigen in die Stadt ist immer problematisch. So sind wir also gleich weiter nach Cape Cod, eine langgestreckte Halbinsel südlich von Boston. Sie sieht aus wie ein abgewinkelter Oberarm mit einer geballten Faust.

Hier landeten seinerzeit 1620 die Pilgerväter das erste Mal und haben versucht Fuß zu fassen, was sie aber nach ein paar Monaten aufgegeben haben. Sie sind dann über die Bay ans Festland nach Plymouth, wo sie dann die erste Siedlung errichten konnten.

In einem RV-Park haben wir uns für 2 Nächte eingemietet. Cape Cod ist DAS Ausflugs- und Urlaubsziel für die Bostoner, die Newporter und alle, die hier noch so wohnen. Das merkt man am Verkehr und an den Preisen!

Am Ankunftstag haben wir die Räder noch einmal ausgepackt und sind 3 km zu einem Lokalgefahren, wo es Lobster Rolls, also Brötchen mit Hummerfleisch und andere leckere Sachen gab. Bring your own Beer, klar, wir hatte 2 Dosen mit in der Satteltasche.

Cape Cod ist bekannt für seine Wahlbeobachtung und so haben wir die Gelegenheit genutzt, uns das zu gönnen. Es ging mit einem Schiff von Provincetown, an der letzten Spitze von CC, wie Cape Cod hier abgekürzt wird, zur Stellwagen Bank, einem Bereich, wo der Meeresboden angehoben ist. Dort ist ein beliebter Tummelplatz für alle möglichen Walarten. Die Fahrt hin dauert ca. 1 Stunde, mit 40 km/h brettert das Schiff durch die See. Und dann, nach ein wenig suchen, die ersten Wale! Humpback Whales, zu Deutsch Buckelwale, wie uns der sehr sachkundige Führer erklärte. Es war eine tolle Erfahrung, diese doch sehr großen Tiere, ca. 40 Tonnen schwer, aus kurzer Distanz zu sehen. Ein Muttertier mit einem Jungen, immer neben einander. Wenn sie die Schwanzflosse heben, dann weiß man, der ist jetzt mal weg, wie die Menschen, wenn sie beim Schnorcheln mal auf Tiefe gegen wollen. Zurück bleibt an der Wasseroberfläche eine Art Hexenkreis mit vollkommen glattem Wasser. Wenn man Glück hat, tauchen sie nach ein paar Minuten wieder auf. Die Schiffe sind schnell und sehr wendig, so dass sie gleich reagieren können, wenn sich irgendwo ein Wal zeigt.

Buckelwal-Kuh mit Kalb
Jetzt ist er erst einmal weg.
Der „Hexenkreis“ nach dem Abtauchen
Schön wars!

Nach einer oder 1,5 Stunden war der Spaß dann vorbei, es ging wieder zurück. Nach ein paar Minuten, die große Seltenheit: Ein Finnwal, auf der Tafel auf dem Schiff die 2. Größte Walart. Er hat sich nur relativ kurz gezeigt, die volle Größe konnte man nicht so richtig erkennen, aber immerhin! Alles in Allem ein tolles Erlebnis.

Nach der Landung sind wir im Städtchen noch einmal auf und ab gelaufen, ganz viel junges Volk, verrückte Läden, ganz viel Leben auf der Straße, die Autos hatten keine Chance. Man merkt die Nähe zu den Großstädten.

Provincetown Downtown

Der Weg zurück zum Campingplatz, ca. 30 km verbrachten wir zum großen Teil im Stau. Da es angefangen hatte zu regnen, wollten natürlich alle zurück! Na ja, in einer Stunde war das auch vorbei.

Morgen soll das Wetter nicht so toll sein, mal sehen, ob wir dann doch noch einmal nach Newport zurückfahren um die Villen der Reichen und evtl. noch das Walfangmuseum anzuschauen. Ihr werdet es erfahren.

21. bis 24. Juli: EAA AirVenture Oshkosh 2019

Während ich dies schreibe, geht draußen ein heftiges Gewitter nieder. Endlich wieder die gewohnte Abendszenerie! Aber von Anfang an:

Nach einem sehr schönen, faulen Tag am Lake Petenwell sind wir am Montag nach Oshkosh aufgebrochen. Es sind nur 150 km, und so waren wir schon gegen Mittag auf dem Circle R Campground, 2 km in der Verlängerung der Landebahn von Wittman Airfield nach Süden. Den Platz hatte ich schon im Februar reserviert.

Nachdem wir uns eingerichtet haben, sind wir noch mit dem Schuttlebus (!) vom Campingplatz zum Flugplatz gefahren. Im Verlauf dieser Strecke kommt man auch durch Camp Scholler durch, den Campground der EAA, der aber für mindestens 4 Tage reserviert werden muss. Am Samstag waren ja in Oshkosh auch schwere Gewitter niedergegangen, die den Boden sehr aufgeweicht hatten. Es musste der Campground zum Teil evakuiert werden, da alles unpassierbar wurde! Die Leute mussten dann auf nahegelegene Supermarkt-Parkplätze ausweichen, welch ein Aufstand! Auch viele Flugzeuge konnten nicht zu ihrem Parkpositionen gelangen, da auch die Wiesenflächen auf dem Flugplatz teilweise für schwere Flugzeuge unbenutzbar war. Als wir dann so gegen 3 Uhr am Tor standen, haben wir geschluckt: 50$ für einen Erwachsenen pro Tag. Da haben wir dann beschlossen, lieber den Dienstag den ganzen Tag auf die Show zu gehen, und sind wieder mit dem Bus zu Oigen zurück gefahren. Von dort hatte man auch ganz guten Blick auf die anfliegenden Flugzeuge. Auch das schon sehr beeindruckend, vor allem der Sound der alten Motoren! Aber auch die Kampflugzeuge F22 und F35 und das Warzenschwein A10 waren aus dieser Perspektive spannend anzusehen (pfui Teufel, Militärkram!).

Am nächsten Tag sind wir dann mit den (fast) ersten Bus wieder zum Gelände und haben uns die Füße platt gelaufen. Von den Warbirds über die Oldtimer, hier Vintage Aircraft genannt, bis zu den Homebuilts. So viele Flugzeuge und dann dazwischen immer wieder Flugeinlagen, man ist den ganzen Tag gefordert. So z.B. Himmelsschreiber, die dann was mit Rauch an den Himmel schreiben, zum Beispiel den Hashtag #OSH19. Auch die schon in Missoula gesehene DC3 „Miss Montana“ war dort und wir haben sie begrüßt. Auch am Stemme Stand sind wir vorbei, haben aber keine bekannten Gesichter gesehen, obwohl ich die ganze Zeit mein Akaflieg-T-Shirt getragen habe.

Ab halb drei dann die tägliche Airshow mit allen möglichen Verrücktheiten, nicht ohne die Nationalhymne (aufstehen, Hand aufs Herz) am Anfang: Eine Waco, ein Kunstflug-Doppeldecker mit Strahltriebwerk unter dem Rumpf, eine Sonderkonstruktion: 2 Jak 55 zusammengebaut (2 Rümpfe, dazwischen ein Stück Tragfläche, (ähnlich wie P38 Lightning) und dazwischen: 1 Strahltriebwerk. Die Unterstützung verleiht den Flugzeugen natürlich einen ungeheuren Schubüberschuss, so dass die abenteuerlichsten Manöver möglich sind. Das natürlich immer in Ameisen-Kniehöhe. Jede Menge alte US Flugzeuge T6 und ein ähnliches Flugzeug mit hochstellbaren Tragflächen, Typ weiß ich jetzt nicht, massenhaft in Formationen von über 30 Flugzeugen.

Dann die Formation einer P51 Mustang mit einem F-22 Jäger und F35 Jagdbomber, zusammen mit einer A10 „Warzenschein“. Die Mustang im gestreckten Galopp und die Jäger mit Nase hoch, knapp an der Minimalgeschwindigkeit. Aber dann gaben die Jäger richtig Stoff, mit Nachbrenner! Der Lärm ging bis ans Aua! Aber trotzdem geil.

Dann auch ein Programmpunkt: simulierter Luftkampf. Mit Pyrotechnik am Boden, die dann Bombenabwürfe darstellen sollen, na ja, da kann man geteilter Meinung sein! Etwas enttäuschend: Diese Szenen wurden mit Flugzeugen geflogen, die mit Luftkampf nicht zu tun hatten: Ein Aerobatic-Doppeldecker, eine Extra 300 und 2 B17 Flying Fortress Bombern. Keine Spitfire, keine Focke Wulff, keine ME 109, keine Mustang!

Zum Abschluss, neben vielen anderen Darbietungen die Twin Tigers, 2 Jak 55, die Kunstflug vom feinsten und das immer spiegelverkehrt, einer von links, der andere von rechts, vorgeführt haben.

Ende war dann so gegen halb 7 und so sind wir dann müde aber zufrieden wieder mit dem Shuttlebus zum Campground zurückgefahren. Nach dem Duschen und ein wenig Ausruhen, haben wir in der Platzbar noch 2 leckere Cocktails geschlürft, Brandy mit einem Schuss süßem Drin und Soda. War sehr lecker. Der anschließende Schlaf tief und fest.

An nächsten Morgen, also heute, die gewohnte Prozedur, Wasser ablassen, Klo leeren und Frischwasser aufnehmen. Dann los zu ALDI, in der Hoffnung, wieder Schwarzbrot zu bekommen-leider Fehlanzeige! Dann zum Oshkosh Outlet Center. Jutta ist los und ich habe im Schatten auf einem Gartenstuhl sitzend gelesen: „Trump im Amt“, haarstäubend, man glaubt es kaum! Hoffentlich wachen die Amis 2020 auf!

Unser eigentliches Ziel, schon in Michigan gelegen, haben wir dann aber aufgegeben, da es bis dorthin noch über 300 km waren. So sind wir jetzt in Marinette am Ufer des Michigan Sees bei unserem Lieblingscampground Walmart gelandet. Gerade rechtzeitig, um noch vor dem Gewitter und Regen die Keile unterzulegen und die Stützen auszufahren. Die Tage um Oshkosh blieben uns die Gewitter erspart, es war immer schönes Sommerwetter. Mal sehen wie es morgen weitergeht.

Wenn der Regen aufgehört hat, werden wir schauen, ab es beim ALDI hier schräg gegenüber doch noch Schwarzbrot gibt….

23. bis 25. Juni: 3 Tage ohne Fahren, – sehr angenehm!

Als Ziel für einen längeren (!) Aufenthalt hatten wir und den Hayburn State Park am Südufer des Lake Coeur d’Arlene ausgesucht. Das war nicht weit, dachten wir!

Zuerst aber haben wir Coeur d’Arlene einen Kurzbesuch abgestattet. Laut Reiseführer nach einer Umfrage eine von 10 hübschesten Kleinstädten der USA. Wir also nach Downtown am Ufer des gleichnamigen Sees. Es war auch ein Parkplatz zu bekommen und so sind wir ein wenig in der Stadt umhergestriffen. Na ja, was wir so gesehen haben, hätte es bei uns nicht unter die ersten 10 geschafft. Ganz nette Geschäfte, aber vor allem Kneipen und Restaurants. Zwar alles sehr gediegen aber uns hat es nicht so umgehauen. Vielleicht lag es auch daran, dass ein kalter Wind ging und die Temperatur es wieder mal nicht über ca. 16 Grad geschafft hat. Als es dann auch noch anfing zu nieseln, waren wir nicht traurig, dass die Stunde an der Parkuhr rum war.

Kurzer Exkurs zur Temperaturempfindlichkeit: Ich bewundere die Amis! Da kann es arschkalt sein und ein eisiger Wind gehen, sie tragen kurze Hosen und T-Shirts ohne Ärmel. Die Frauen kurze Röcke und frieren offenbar nicht! Wir haben eine Vliesjacke an über dem langärmeligen Hemd und Jeans mit Socken. Was die so über uns denken?

Zu unserem Ziel führten 2 Wege: Auf dieser oder jener Seite des Sees runter zum Südende. Die Ostseite schien auf Grund der Straßenführung am See entlang versprechender zu sein. War es auch, aber wir sind jede Bucht abgefahren, die Straße windet sich hat immer am Ufer entlang. Somit haben die 30 Meilen fast 2 Stunden gedauert. Aber irgendwann waren wir trotzdem da, es war auch noch ein Platz frei, erst einmal für 2 Nächte.

Der Platz liegt auf einem kleinen Hügel auf einer Landzunge im See. Die Stellplätze unter Bäumen, etwas schattig, aber sehr hübsch mit viel Patz um einen rum. Den Tag haben wir am Lagerfeuer ausklingen lassen, die Temperatur hat uns dann nach drinnen getrieben. Das Wetter hatte sich inzwischen zwar gebessert, die Sonne war rausgekommen und wenn sie schien, waren die Temperaturen auch ganz angenehm. Aber sobald sie weg war, wurde es kalt.

Am nächsten Tag haben wir es ruhig angehen lassen. Gegen Mittag habe ich mich mit dem Fahrrad aufgemacht, die Gegend zu erkunden. Wozu haben wir sie mitgenommen? Erst über einen quasi Fernradweg, der auf der Trasse einer alte Eisenbahnlinie entlangführt. Dieser Weg schlängelt sich eine Weile am See entlang um dann auf der alten Eisenbahnbrücke den See an seiner schmalsten Stelle zu überqueren. Sehr schön. Ich wollte das Südende des Sees umrunden, leider führte der Radweg nach Norden und es war nicht möglich am See entlang nach Süden zu fahren. Und vom Radweg aus gab es keine Möglichkeit, auf eine normale Straße zu wechseln, die dann um den See herum führt. Also musste ich einen ziemlich großen Umweg nehmen, quasi die Strecke, die wir tags zuvor mit dem Auto abgefahren waren, noch einmal mit den Fahrrad. Es kamen dabei fast 60 km zusammen, dank meinem kleinen elektrischen Helfer machbar, aber die linke A-Backe tat mir dann doch ganz schön weh! Warum nur die linke.. weiß der Geier!

Jutta hatte es sich in der Zwischenzeit in der Sonne gemütlich gemacht und hat die Gesellschaft von kleinen Streifenhörnchen, Chipmunks, genossen. Zum Abendessen gabs mal wieder ein zünftiges Steak vom Holzkohlengrill mit leckerem Kartoffelsalat. Mittlerweile bin ich ja überzeugt, dass ein Gasgrill eine sinnvolle Anschaffung wäre. Einschalten-Grillen-ausschalten. Der Holzkohlengrill hat die richtige Temperatur immer erst dann, wenn man fertig ist, und dann den Grill saubermachen….Leider ist kein Platz in Oigen für einen Gasgrill!

Wir haben uns dann entschlossen, noch eine 3. Nacht dranzuhängen. Dazu mussten im am nächsten Morgen zwar auf den Nachbarplatz wechseln, war aber kein Problem. Alles reserviert, der Platz ist rappelvoll! Schulferien haben begonnen, auch die Amerikaner machen Urlaub! Na sowas!

Heute haben Jutta und ich dann einen gemeinsamen Radausflug gemacht, und zwar besagten Fahrradweg in die andere Richtung, ins Dorf Plummer. Es ging stetig bergan, aber die Steigung war erträglich – Eisenbahn eben. Im Dorf, gleichzeitig Sitz der Indianer-Verwaltung, gibt’s außer einem Supermarkt, Tankstelle, Bank und eben den Verwaltungsgebäuden nichts, was man als Stadt bezeichnen könnte. Die Einwohner wohnen wohl mehr verstreut in der Landschaft, die hier sehr an deutsches Mittelgebirge erinnert, Hügel, bewaldete Berge, Wiesen. Die Rückfahrt war dann umso leichter, 12 km immer nur bergab! Unterwegs haben wir noch fleißig Holz gesammelt, damit wir es am Campfire schön haben!

So ist auch dieser Tag mit mehr oder weniger Müßiggang zu Ende gegangen. Morgen geht es weiter nach Missoula in Montana. Wieder ein Sticker auf unserer Landkarte!

18. Juni: Uns treibt‘s doch nach Norden

Unsere Planung heute Morgen war ja noch, von Seattle nach Osten über die Kaskade Range zu fahren. Unsere letzte Info bzgl. des Wetters war einigermaßen deprimierend, was Kanada und die Rockies betrifft, so dass wir auch wegen der gewonnenen Zeit Kanada vom Reiseplan gestrichen haben. Da aber die in Frage kommende Straße nach Osten noch nördlich von Seattle, kurz vor der Grenze zu Kanada nach Osten abzweigt, haben wir uns dann entschlossen, zunächst als Tagesziel Anacortes auszuwählen. Das liegt auf einer Insel kurz vor Kanada und ist per Landweg zu erreichen. Von Dort fahren auch Fähren nach Vancouver Island ab…

Unterwegs hat Jutta mal recherchiert, wo denn eine LKW bzw. Wohnmobilwaschanlage zu finden sei, denn Oigen sieht dermaßen versaut aus, dass man sich schon gar nicht mehr traut, irgendwo hin zu fassen. Was ein Zufall, genau da, wo wir uns entscheiden müssen, liegt eine Waschanlage. Muss man sich nicht so vorstellen wie bei uns, hier werden Autos im allgemeinen mit der Hand gewaschen, nix mit Textilwaschanlage und automatisch. Wir also dorthin, einige LKW vor uns, Wartezeit ca. 1 Stunde, o.k, das machen wir. Noch Fotos gemacht vom Zustand vorher, damit wir auch die Verbesserung dokumentieren können.

Als wir dran waren, haben sich 4 Männer, bewaffnet mit Hochdruckreiniger und Bürsten, über unseren Oigen hergemacht. Nach einer viertel Stunde war alles erledigt, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Motto: „Schützet eure Augen!“, so hell strahlt Oigen jetzt wieder!

Gegenüber war ein großes Gelände eines Wohnmobilhändlers, am Zaun stand ein RV einer Größe, die wir und auch so vorstellen könnten, vollintegriert mit einem Slideout. Ich habe dann gefragt, ob wir uns das Auto mal von innen ansehen können, nur um mal zu sehen, wie das so ist mit einem Slideout bei einem Womo dieser Größe. Man war sehr freundlich und hat uns gleich mit einem Golfcart (zu Fuß, igitt) zum dem betreffenden Auto gefahren. Der Händler war sehr freundlich und wir haben uns prima über die Vor- und Nachteile von großen Womo unterhalten.  Das Womo war dann ganz interessant, für amerikanische Verhältnisse schlicht im Design, aber auch sehr funktional. Der Slideout ist dann im Wohnbereich, ein 2 sitziges Sofa, was dann quer zur Fahrtrichtung einen halben Meter nach außen gleitet und im Innenraum schon sehr viel Platz bietet.

Nach dieser Besichtigung hat uns dann der freundliche Händler noch ein WoMo der Premiumklasse gezeigt, 40 Fuß lang, Kostenpunkt 350.000$. 4 Slideouts! Uns hat dann der Schlag getroffen. Mal abgesehen davon, dass die Innenausstattung genau dem amerikanischen Geschmack entsprach, Gelsenkirchner Barock wohin das Auge reicht, es war einfach riesengroß! Elektrische Kamin, Monsterkühlschrank wie aus dem Film, Waschmaschine und Trockner übereinander, Queensize Bett, riesiges Bad, siehe Fotos! Viele verkaufen wohl ihr Haus und leben dann in so einem Womo. Bei dem Platzangebot auch kein Problem.

Danach gings dann ab nach Anacortes, auf einen Campingplatz im Washington State Park. Mitten im Wald, sehr idyllisch gelegen. Da wir so gegen 4 Uhr hier waren, sind wir noch einmal an den Strand gegangen und haben den Blick über das Meer und die vorgelagerten Inseln schweifen lassen. Sehr schön, in der Ferne meinten wir, wieder einen Wal atmen zu sehen, mehrfach! Aber es war weit weg, das Fernglas hat man dann natürlich nie dabei!

Die vorüberfahrende Fähre nach Sydney auf Vancouver Island hat uns dann wieder grübeln lassen, ob wir nicht doch noch rüber sollen…

Die aktuelle Planung heute Abend: Wenn das Wetter morgen nicht ganz schlimm ist, dann machen wir es.

Der Abend klang aus mit einem leckeren Abendessen und Lagerfeuer inclusive gerösteten Marshmallows, diesmal auch zwischen den Cräckern. Schmecht gar nicht so schlecht…