9. bis 10. September: Der Südwesten – Nova Scotia vom Feinsten

Von Yarmouth aus sind wir eigentlich auf der Suche nach einer öffentlichen Dumping-Station, also eine Möglichkeit, das Abwasser los zu werden, auf die Halbinsel Pubnico gefahren.

Die Straße führt mal mehr oder weniger an der Küste entlang, eine sehr schöne Küste mit kleinen Buchten und vorgelagerten Inseln und Inselchen. Dazu strahlend blauer Himmel und 22 Grad! Herz, was willst Du mehr?

Nach dem Dumpen in Pubnico sind wir den Wegweisern zum Acadian Village gefolgt. In Pubnico ist eine der ersten acadischen Siedlungen in Nova Scotia. Die Acadier waren Auswanderer aus Frankreich, die die Neue Welt zum Anfang des 16. Jahrhunderts besiedelt haben. Wie schon in einem früheren Bericht erwähnt, wurden sie in alle Winde zerstreut, als sie nach dem Sieg der Engländer über die Franzosen in Nordamerika der englischen Krone keine Treue schwören wollten. Nach wenigen Jahren sind sie jedoch zurückgekommen und bilden in Pubnico seither eine durchgehend acadische Gemeinschaft, die heissen fast alle d’Entremont!

In Pubnico hat man im Acadischen Dorf aus der ganzen Gegend Wohnhäuser und andere Gebäude zusammengertragen und auf einem sehr schon am Wasser gelegenen Stück Land wieder aufgebaut. Zuerst wollten wir gar nicht reingehen, aber dann taten wir es doch und das war auch ein echter Volltreffer!

Die Führerin hat selbst in diesem Haus gelebt, bevor es zum Museum kam.

In den einzelnen Gebäuden waren Führer anwesend, gekleidet wie in der Mitte des 19. Jahrhundert, die teilweise tatsächlich in den betreffenden Gebäuden gewohnt haben, zumindest deren Verwandte. Sie konnten also sehr anschaulich von ihrem damaligen Leben mit -zig Kindern auf kleinstem Raum erzählen. Und das taten sie von ganz alleine, völlig ungezwungen, eine tolle Erfahrung.

Ein Highlight war der Blacksmith, Harry Gui d‘Entremont, der sichtlich Freude daran hatte, wie die Besucher – es waren nicht viele – sich für seine Arbeit interssierten. Er fertigte für uns einen Nagel mit Widmung an und nachdem wir einen Flaschenöffner im Museums-Giftshop gekauft hatten, versah er auch diesen mit viel Freude mit einer Inschrift: The Big Loop 2019.

Der Blacksmith in seinem Element

Der Bootbauer erklärte uns, wie Dories gebaut werden. Das sind Ruderboote, die für den Fischfang verwendet wurden. Sie sind so konstruiert, dass man sie ineinander stapeln kann, so konnten auf den Segelschiffen etliche Ruderboote transportiert werden, die dann im Fanggebiet zu Wasser gelassen wurden. Von denen aus wurde dann mit Leinen und Haken geangelt.

Der Bau eines Dory

Ein Schmuckstück des Bootsbauers war ein Bootsmotor, der dort zur Verführung aufgebaut war, mit Propeller in einem Wassertank. Es handelte sich um einen 1 Zylinder 2 Taktmotor, der zum Rückwärtsfahren angehalten und in der anderen Richtung wieder angeworfen wurde! Einfache, aber sehr robuste Technik.

Eintopf Zerknall-Treibling

Durch die vielen interessanten Gespräche haben wir natürlich nicht auf die Uhr gesehen und siehe da, auf einmal war es 4. Wir konnten dann auch noch unseren Wassertank füllen, es gab einen Außenwasserhahn mit Schlauch.

Als Übernachtungsplatz hatten wir uns einen Provicial Park in Shelburne ausgesucht. Als wir dort ankamen, die Überraschung: Wegen Hurricane-Schäden geschlossen! Ups- was tun? Der Parkplatz davor war leer und prima gelegen, da haben wir dort unser Lager aufgeschlagen. Es gesellte sich dann noch ein Ehepaar aus Winnipeg zu uns, mit dem wir dann gemeinsam an einem Pickniktisch zu Abend gegessen und uns interessant unterhalten haben.

Heute Morgen haben wir uns erst einmal den Ort Shelburne angesehen, der Hauptsiedlungspunkt der Loyalisten war, also derjenigen Nordamerikaner, die es nach dem Unabhängigkeitskrieg gegen die USA weiter mit der englischen Krone hielten und von den Neu-Englandstaaten nach Nova Scotia auswanderten. Sie wurden von England großzügig für ihre Dienste im Krieg mit Land entlohnt. Zur Blütezeit der Stadt war es einmal die größte Stadt Nordamerikas mit 16.000 Einwohnern, Schiffbau, Fischfang, Holzexport waren die Quelle des Wohlstands. Das sieht man an den Häusern, teilweise sehr schöne Villen mit prächtigen Schnitzreien und farbenfrohen Anstrichen.

In diesem Ort hat Dorian jede Menge Bäume umgerissen, überall waren die Kettensägen und Hebebühnen bei der Arbeit, Teilweise wurde der Verkehr umgeleitet. Viele Geschäfte waren wegen Stromausfalls geschlossen.

Heute sollte ja noch eine Leuchtturm-Übernachtung stattfinden. In der Nähe von Liverpool gibt es einen Leuchtturm, an dem man frei Campieren kann. Vorher wollten wir aber noch tanken, da die Anzeige bereits nahe der Reserve stand. An der Tanke eine lange Schlange, die Leute betankten -zig Kanister, um ihre Generatoren zu versorgen. Diesel war auch schon alle, und man konnte uns nicht sagen, wann Nachschub kommen werde! Alles wegen Dorian! Da denkt man doch nicht dran, in einem Land der westlichen Welt bricht die Benzinversorgung zusammen! Klar, wenn kein Strom, dann auch kein Benzin, wenn keine Pumpen laufen. Ein kleiner Panikschub durchfuhr uns, was ist wenn wir hier jetzt fest sitzen???? Aber Gott sei Dank, 5 Kilometer weiter hatte eine weitere Tankstelle auch noch Diesel und der Tag war gerettet.

Der Platz, den wir uns ausgesucht hatten, war aber dann doch nicht so toll, er sah aus wie eine Baustelle und einen schönen Blick aufs Wasser gab es auch nicht. So sind wir also nochmal ein paar Kilometer weiter gefahren, mit einigen Umwegen, weil Jutta immer auf die Schnellstraße will, ich aber lieber die viel längere Küstenstraße fahren will. Zugegeben, nicht jeder Umweg hat sich auch gelohnt.

Heute Abend stehen wir also in Port Medway, in einem kleinen Park am Hafen, am Fuße eines kleinen Hafenleuchtturms, der aber nicht mehr in Betrieb ist. Im Hafen liegen einige Lobster-Boote noch im Schlaf, die Lobster-Fangsaison fängt in diesem Teil Nova Scotias erst Anfang November an und geht bis in den Mai.

Stellplatz in Port Medway

Um uns rum röhren die Generatoren, der ganze Ort hat noch immer keinen Strom. Der Hafen ist jedoch aber weit genug von den Wohnhäusern weg, so dass uns das nicht weiter stört. Das Wetter war noch recht ordentlich zum Abend hin, heute Nacht wird es wohl zuziehen und morgen soll es regnen. Wir werden sehen.

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